Reisetagebuch

Ab in die Wüste

Nach dem gemeinsamen Frühstück in Honda sprangen wir nicht gleich auf die Mororräder, um die Reise fortzusetzen, sondern nahmen uns ein Stunde Zeit, um diese sehenswerte alte Hafenstadt aus der spanischen Kolonialzeit zu erkunden. Direkt neben dem Hotel, in dem wir die Nacht verbrachten, steht das ehemals beste Haus am Platz. Auf einem Schild an der Wand ist zu lesen, dass die "große botanische Expedition" dort Halt gemacht und ihr Nachtlager bezogen hätte. Ich habe die Vermutung, dass es Alexander von Humboldts zweite Expdition gewesen sein könnte, hatte aber noch nicht die Gelegenheit zu prüfen, ob er tatsächlich in Honda gewesen ist. Wir sind offenbar die einzigen ausländischen Besucher in der Stadt. Sie liegt so abseits, das wohl nur sehr selten ausländische Touristen hierher kommen. Das ist schade, denn wäre sie leichter erreichbar, wäre sie ohne Frage eines der touristischen Highlight des Landes. In Honda ist es morgens schon heiß und schwül. Schon beim Anlegen der Motorradkleidung läuft mit der Schweiß.

Coffee to go - Über die Anden

Es hätte heute schneien müssen, damit dieser Motorradtag noch abwechslungsreicher hätte sein können. Er begann mit einem gemeinsamen Frühstück in unserem Hotel in Salento. Die anderen haben gestern Experimente mit Schnaps und anderen Longdrinks durchgeführt, weswegen heute noch nicht alle so taufrisch wie sonst sind. Trotzdem sind wir um 8 Uhr auf den Motorrädern und fahren steil bergan zu einem Aussichtspunkt. Dann geht es schon gleich weiter einen Feldweg hinab und hinauf, der abwechselnd mit groben Feldsteinen gepflastert ist oder an manchen Stellen auch sehr matschig und deswegen rutschig ist. Wir erreichen die Finca einer Kaffeeplantage und trinken dort standesgemäß zunächst erstmal einen Kaffee. Dann gehen wir mit einem Mitarbeiter der Finca, der Andres heißt und neben gutem Englisch und seiner Muttersprache Spanisch auch sehr verständliches Deutsch spricht auf die Pflanzung.

Im Regenwald

Bevor ich mich versehen hatte ging es dann auch einfach schon los. Um acht Uhr warfen wir die Motoren unserer BMW-Maschinen an und reihten uns hügelabwärts in den Stadtverkehr von Cali ein. Nach ein paar roten Ampeln hatten wir unser Buddy-System schon ein paar mal ausprobiert und jeder von uns wusste Bescheid, wie und wann auf Zurückgebliebene gewartet werden muss. Der erste Teil unserer Tagesetappe führte schon gleich bald hoch in die Berge und eine ziemliche Kurverei begann. Deswegen hatte ich gar nicht so viel Gelegenheit mich mit der Landschaft vertraut zu machen, weil ich mit der fremden Maschine und den vielen sehr engen Kurven doch einigermaßen ausgelastet war. Doch wir gewöhnten uns schnell aneinander.

Der Reisebuddy

Heute morgen gab es zum Frühstück Reis und Bohnen mit einem Spiegelei oben drauf. Ich habe es gerne gegessen, denn es lohnt sich, sich frühzeitig daran zu gewöhnen, denn je mehr ich auf dieser Motorradreise in das Landesinnere vorstoße, umso öfter werde ich keine andere Wahl haben, als mich mit Reis und Bohnen und eventuell einem Spiegelei obendrauf zufrieden zu geben. Gestern habe ich schon am Flughafen Sean aus London getroffeb. Er wird ebenfalls mit auf dieser Tour durch Kolumbien sein und heute morgen hatten wir beim Frühstück das erste Mal die Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen. Wie sich herausgestellte, ist er ein sehr angenehmer, humorvoller und kultivierter Zeitgenosse und wir haben sofort gemeinsam eine Wanderung in die Innenstadt von Cali unternommen.

Ein Tag wie ein Thrombosestrumpf

Es fällt mir nicht leicht, mich zu konzentrieren, während ich meine ersten Zeilen in das Reisetagebuch meiner Motorroadreise durch Kolumbien schreibe. Denn ich ich sitze auf dem Langstreckenflug von Frankfurt nach Miami unmittelbar hinter der berüchtigten "Babyreihe". Hinter der Abteilung für die Premium Economy können die Babybetten während des Fluges befestigt werden. Für Kleinkinder ist das an Bord eines Flugzeuges also definitiv der "place to be". Zwei habe ich vor mir und beide haben schon ihre Fähigkeiten zu lautstarken Lebensäußerungen unter Beweis gestellt. Außerdem bin ich recht müde, denn die beiden letzten Nächte waren belastet von den formalen Reisevorbereitungen. Zwar schrieben mir beide an den Flügen nach Kolumbien beteiligten Fluggesellschaften in den Tagen vor meinem Aufbruch fast täglich Emails mit Informationen zu den Einreisebestimmungen nach Kolumbien und die Transitbedingungen für die USA. Leider gab es aber nie einen Gesamtüberblick, so dass ich mir alles zusammensuchen musste und bis zum Check-in das beunruhigende Gefühl behielt, eventuell doch etwas vergessen haben zu können. Auch jetzt eine Stunde nach dem Start ist es noch nicht ganz verflogen. Immerhin hat die kolumbianische Fluggesellschaft Avianca eine gute Seite verlinkt, die bei Flügen mit Aufenthalt an einem Transitflughafen alle Corona-Voraussetzungen und nötigen Einreisebedingungen für die gesamte Reise auflistet. 

Höllenhitze - 5. Tag meiner "Heide-Inferno"-Tour

Hätte ich geahnt, welche Temperaturen das Termometer heute erklimmen würde, wäre ich vielleicht doch schon etwas früher mit dem Motorrad aufgebrochen, statt mich im Hotelzimmer noch ewig von stetig eintrudelnden Emails aufhalten zu lassen. Im Grunde wäre es aber egal gewesen, denn schon um 11 Uhr herrschte ein Gluthitze über der Lüneburger Heide. Den Titel "Heide-Inferno" habe ich dieser Motorradtour urpsünglich gegeben, weil ich in ihrem Verlauf an Stationen vorbeikomme, die so furchtbar sind, dass sie alle auf die eine oder andere Weise mit dem Begriff Inferno bezeichnet werden dürfen. Der Gedenkort für die umgekommenen Feuerwehrmänner bei der Waldbrand-Katastrophe in der Lüneburger Heide im Jahr 1975. Dann jene Straßenbrücke bei Eschede, wo 1998 das schlimmste Zugunglück der deutschen Geschichte stattfand und vorgestern der Besuch des ehemaligen Konzentrations- und Kriegsgefangenenlagers Bergen-Belsen, in dem das zehntausendfache Leiden und Sterben die Hölle auf Erde war.
Wie harmlos ist daran gemessen die heutige Erfahrung eines heißen Sommertages, der in Motorradschutzkleidung zwar belastend aber erträglich ist. Allerdings strahlte der Motorradantrieb auch während der Fahrt so eine Wärme ab, dass ich unwillkürlich die Füße auf den Fußrasten der Maschhine weiter nach außen stelle. Nur Dank der barmherzigen Landbevölkerung der Lüneburger Heide und der Wasserleitungen auf Friedhöfen habe ich heute auf dem Motorrad die 35,5° Grad, die mir während der Fahrt angezeigt wurden, überstanden.

Perspektivwechsel - 4. Tage der "Heide-Inferno"-Tour

Gestern Abend bin ich noch bis nach Mitternacht im Zimmer rumgeturnt, habe gelauert und dann mit den Badelatschen zugeschlagen. Immerhin habe ich so noch mindestens vier Mücken erlegt, die mich ansonsten in der Nacht wieder sehr zerstochen hätten. Insgesamt habe ich dort in dem Hotel keine Nacht gut geschlafen. Im Zimmer war es heiß, bei offenem Fenster konnte man wegen des Verkehrslärms auf der Ortsdurchfahrtstraße draußen gelegentlich das eigene Wort nicht verstehen und außerdem hatte man dann das ganze Zimmer voller Mücken.
Mein Problem ist es nun aber nicht mehr, denn heute habe ich meine Heide-Quartieretwas weiter nördlich verlegt. Nicht, weil ih vorher geahnt hätte, dass die Nächte im Best Western Hotel Heidehof in Hermannburg turbulentundwenig erholsamsein würden, sondern weil ich die Zeit nutzen wollte, um noch eine zusätzliche Erfahrung mit den UNterkünften und gastronomischer Versorgung in der Lüneburger Heide machen wollte. Deswegen habe ich heute wieder das Motorrad bepackt und bin ich  die zwei Dutzend Kilometer in den Heidekrei gefahren, wo ich nun im Akzent Hotel "Zur grünen Eiche" zweimal übernachten werde.

Wenn die Worte fehlen - 3. Tag "Inferno"-Rundtour durch die Lüneburger Heide

Es ist nicht immer leicht, eine Motorradtour durch eine Region und die Orte, die man dort besucht einem gemeinsamen Thema zuzuordnen und mit einem griffgen Titel zu versehen. Ich neige tendenziell immer zu einem eher ironischen Überbegriff, aber allein die heutige Station hätte das nicht zugelassen. Denn heute habe ich die Holocaust-Gedenkstätte Bergen Belsen besucht. Die Gedenkstätte ist einfach zu erreichen, die Mitarbeiter des Dokumentationszentrums sind sehr hilfesbereit und der Eintritt ist kostenlos. Bergen-Belsen war nicht nur ein Konzentrationslager, sondern auch ein Kriegsgefangenenlager für sowjetische Soldaten. Zehntausende starben dort unter den inhumanen Lebensumständen. Ich habe den Erinnerungsort Bergen-Belsen auch besucht, weil ich seit meiner Schulzeit weiß, dass Anne Frank dort gestorben ist. Ihr Tagebuch war bei uns Pflichtlektüre und ihre für ihr Alter erwachsener und gleichzeitig lebensfroher, träumischer Blick auf sich, die Menschen um sie herum und die Situation in der sie lebten, bewegte mich damals und tut es bis heute. Der Gedenkstein für sie und ihre Schwester steht auf dem Lagergelände neben vielen anderen Gedenksteinen von anderen Menschen, die dort ihr Leben verloren. Ihr tatsächliches Grab hat sie wie die allermeisten vermutlich in einem der gewaltigen Massengräber gefunden, die wie Grabhügel das ehemalige Lagergelände prägen.