Nyinabulitwa-Kratersee

Motos Safari Uganda - Mit "Winding Wheels" on "Top of the World"

Die Nacht war kälter, als ich erwartet hatte. Ohnehin musste ich mich noch von einer COVID-19-Erkrankung erholen, die diese Motorradreise fast unmöglich gemacht hätte. Am Morgen krächzte ich deshalb noch ziemlich. Das abendliche Konzert der Wald-Insekten war dagegen enorm gewesen, nahm aber im Lauf der Nacht ab und gegen Morgen war es still. Nach dem Frühstück fuhren einige in den Kibaale Nationalpark, um dort die Schimpansen zu sehen. Ich wollte dagegen mit einigen anderen eine Offroad-Tour machen und einen Berg besteigen, der sich „Top oft he World“ nennt und von dem man einen herrlichen Blick auf die Krater-Seen der Umgebung hat. Allerdings sprang meine 1150er GS, die ich seit gestern mein Eigen nennen konnte, nicht mehr an. Es überraschte mich nicht, denn gestern war ich laut Tankanzeige mit dem letzten Tropfen Sprit in das Hüttencamp des Rweteera Safari Parks gerollt. Die Behauptung des Mechanikers, die Tankanzeige stimme nicht, stimmte also selbst nicht. Kurzerhand sattelte ich auf eine 650er GS einer Mitreisenden um. Für die bevorstehende hartgebackene Lehmpiste war ein leichteres Gefährt ohnehin die bessere Wahl. Tatsächlich war der Weg an manchen Stellen vom Wasser zu tiefen Rillen ausgespült. Rutscht man mit einem Rad in eine hinein, muss schon viel Glück im Spiel sein, dass man dort ohne vorherige Bruchlandung wieder hinaus kommt. Zuviel für den Kolumbianer Alejandro, der auf einer schweren R 1150 mit Boxermotor und Ehefrau auf dem Sozius unterwegs war. Bei einem recht steilen Aufstieg stürzte er. Die Zylinder der Maschine waren mit kunstvoll aber kompromisslos angeschweißten Sturzbügeln geschützt und auch Alejandro und Monica waren mit ordentlicher Motorradkleidung angetan, so dass das Malheur ohne Folgen blieb. Die Straße war wunderbar staubig, so dass schon der Vormittag dieses zweiten Tages genügte, um uns alle aussehen zu lassen, als wären wir ohne eine einzige Dusche aus Südafrika hochgefahren.

Am Berg angekommen stand uns noch eine kleine „Hillclimbing“-Mutprobe bevor, bei der ein steiler Hang hochgefahren werden musste, so dass wir unsere Motorräder abseits der Straße abstellen konnten. Es gelang allen.
Mindestens genauso steil und eine wesentlich längere Strecke galt es dann zu Fuß bergan zu wandern. Nach der Corona-Infektion neulich war meine Kondition miserabel, aber schlussendlich erreichte auch ich die Bergkuppe mit Blick über den Kratersee namens „Nyinabulitwa“.
Wenn wir auf dem „Top of the World“ waren, dann gibt es davon mindestens zwei, denn in unserem Rücken ragte eine noch höhere Hügelkuppe über die Landschaft. Vermutlich geht man in der Gegend großzügig mit solchen Bezeichnungen um, damit jeder etwas von den wenigen Besuchern hat, die hierher kommen. Mein Bedarf nach Höhenrekorden war ohnehin gestillt und ich freute mich auf den Offroad-Spaß des Rückwegs.

Tee-Plantage im westlichen Uganda

Zurück im Safari-Camp duschten wir, aßen zu Mittag und schwangen uns erneut auf die Motorräder. Dieses Mal waren wir komplett und auch die Affen-Besucher, die den Vormittag bei ihren Vorfahren verbracht hatten, waren nun mit dabei. Meine 1150er GS war mittlerweile wieder getankt und in legerer Freizeitkleidung brausten wir die Asphaltstraße zu einer Teeplantage. In frischem, hellem Grün liegen die sauber gestutzten Teebüsche wie eine Decke über der Hügellandschaft. Wir lernen von einheimischen Teepflückern, dass die Teepflanze 400 bis 500 Jahre alt werden kann und alle drei Jahre zurückgeschnitten werden muss. Tut man das nicht, wird aus der niedrigen Hecke ein ansehnlicher Baum, der die zarten neuen Teeblätter dann aber nicht mehr hervorbringt.
Zurück in der Safari-Lodge an unserem Nilpferd-See blieb heute am späten Nachmittag und vor dem Sonnenuntergang noch Zeit, um mit einer kalten Cola am Ufer zu sitzen und allein oder gemeinsam die Gedanken baumeln zu lassen.

Die Wandergruppe - Maarten und Jessica von Whinding Wheels hinten links
Die Wandergruppe - Maarten und Jessica von Whinding Wheels hinten links

Eine der schönsten Begegnungen des Tages war die mit Jessica und Maarten aus den Niederlanden. Die beiden haben ihre Jobs gekündigt und zwei 700er Ténérés nach Südafrika verschifft. Seitdem sind sie als Overlander für ihr Wohltätigkeitsprojekt "Winding Wheels" auf dem Landweg durch Afrika unterwegs. Viele Motorradreisende strahlen oft eine Abgeklärtheit aus, die bis ins Bärbeißige geht. Nicht wenige gefallen sich auch in der Rolle von Asketen und einsamen Wölfen. Alles Wesenszüge, die auf mich nicht anwendbar sind, weshalb die erfrischende, praktische und gutgelaunte Aufgeschlossenheit der beiden holländischen Motorrad-Abenteurer bei mir sofort auf die passende Frequenz traf. Wäre es abends am Lagerfeuer nicht doch bald zu frisch geworden, hätte wir drei sicherlich noch einige Stunden Erfahrungen, Ideen, Geschichten und Träume austauschend dort sitzen können.