Im Regenwald

Bevor ich mich versehen hatte ging es dann auch einfach schon los. Um acht Uhr warfen wir die Motoren unserer BMW-Maschinen an und reihten uns hügelabwärts in den Stadtverkehr von Cali ein. Nach ein paar roten Ampeln hatten wir unser Buddy-System schon ein paar mal ausprobiert und jeder von uns wusste Bescheid, wie und wann auf Zurückgebliebene gewartet werden muss. Der erste Teil unserer Tagesetappe führte schon gleich bald hoch in die Berge und eine ziemliche Kurverei begann. Deswegen hatte ich gar nicht so viel Gelegenheit mich mit der Landschaft vertraut zu machen, weil ich mit der fremden Maschine und den vielen sehr engen Kurven doch einigermaßen ausgelastet war. Doch wir gewöhnten uns schnell aneinander.

Nach etwa zwei Stunden dachte ich, dass wir rechts ranfahren, doch es ging einen schmalen Pfad herunter ans Flussufer und dann in einem Rutsch rauf auf eine kleine Drahtseil-Fähre. Wir fünf Motorräder waren die einzigen Fahrgäste und schon gleich setzte sich die Fähre in Betrieb und wurde alleine mit der Kraft des Wassers entlang des Drahtseils auf die andere Seite gedrückt. Das Herunterfahren war herausfordernd, denn es ging auf der anderen Uferseite gleich steil bergauf auf eine schlammige schmale Spur hinauf. Ich schaffte es, alle anderen auch und das gefährlichste war lediglich ein empörter Straßenhund der uns kläffend empfing und bei dem nicht abzuschätzen war, ob er nicht doch nach uns schnappen würde. Danach folgte ein längerer Abschnitt von Schotterpiste, die wir weitgehend stehen fuhren. Immer wieder kamen wir durch Regenschauer, waren uns aber anhand der hellen Wolken am Himmel über uns sicher, dass sie nicht lange andauern würden. Am Nachmittag sah es dann anders aus und der Himmel verfinsterte sich dergestalt, dass wir rechts ranfahren und alle bis auf mich wenigstens einen Teil ihrer Regenkleidung anlegten. Ich legte es stattdessen darauf an zu wissen, wie der Anden-Regen mit meiner Motorradbekleidung umgehen würde und ich kann sagen, das der Regen hier auf der Skala nach oben kein Ende kennt: Wenn man glaubt, es schüttet schon wie aus Eimern und geht nicht mehr schlimmer, dann regnet es fünf Minuten später noch schlimmer und weitere fünf Minuten später noch einmal heftiger. Als wir schließlich in Salento ankamen und ich vom Motorrad abstieg, lief mir das Wasser aus den Ärmeln. Das Gute ist: Man kann nur einmal richtig nass werden und es ist nichts, was ich nicht nach einigen Minuten unter einer heißen Dusche wieder wettgemacht wäre.

Sonntag, 12. Dezember 2021 08:10 COT
Entfernung: 271,4 km
Dauer: 7 Stunden, 39 Minuten und 26 Sekunden
Durchschnittsgeschwindigkeit: 35,4 km/h
Minimale Höhe: 955 m
Maximale Höhe: 2026 m
Anstieg (insgesamt): 4012 m
Gefälle (insgesamt): 3049 m