Moto Safari Uganda - Ein Tag im Paradies

Auf dieser Motorrad-Safari durch Uganda versuchen wir so viele Erlebnisse wie möglich für uns herauszuholen. Um das zu erreichen blieben wir keine zweite Nacht in Kisoro. Noch heute wollten wir am frühen Nachmittag weiterfahren an den Bunyonyi-See. Ein straffes Programm, denn wir alle hatten uns einiges für diesen Tag vorgenommen.

Bis auf mich brachen alle aus dem Team schon bei Sonnenaufgang auf, um die Gorilla-Familien im Mgahinga Gorilla Nationalpark im Dreiländereck von Uganda, Kongo und Ruanda zu besuchen. Ich hatte mir dagegen etwas anderes vorgenommen und konnte in Ruhe ausschlafen. Um neun Uhr holte mich dann der runde und gutgelaunte Einheimische Benjamin auf seinem Bodaboda-Moped ab. Zusammen fuhren wir aus Kisoro hinaus Richtung Süden. Die Straße wurde schnell zu einer Schlaglochpiste und dann zu einem Geröllfeld aus vulkanischem Gestein. Benjamin versicherte mir als seiner Sozia, dass ich mir keine Gedanken machen müsse, er sei auf diesem Weg sehr erfahren. Tatsächlich kam er kein einziges Mal ins Straucheln. Vorneweg fuhr auf seinem Motorrad Omar, mein Führer und Verbindungsmann. Denn ich wollte die Ba-Twa besuchen. Ein Pygmäen-Volk, das an den Hängen des Muhavura-Vulkans angesiedelt wurde, nachdem es in den 90er Jahren zum Schutz der devisenträchtigeren Gorillas aus dem Urwald vertrieben worden war. Offenbar kamen nicht viele Besucher hierher, denn die Kinder, die am Wegesrand dem unbestimmten Tagwerk ihres jungen Alters nachgingen, waren bis aufs Äußerste aus dem Häuschen, als sie mich erblickten. Es ist kaum zu verstehen, wie sie mich überhaupt als ausländische Besucherin wahrnahmen, denn ich hatte eine lange Hose und Jacke an und trug meinen Helm, so dass nur die Hände meine weiße Hautfarbe verrieten. Sie rannten mit einer Wildheit hinter mir her, dass, obwohl es sich nur um Vierjährige handelte, mir wohl dabei war, dass Benjamin sie immer abhängen konnte.

Im Dorf der Ba-Twa angekommen, wurden mir die Schule, Vorratsräume und die beiden Lehrerinnen vorgestellt. Etwas weiter den Hang hinauf warteten fast alle Bewohner der Siedlung auf mich. Der Häuptling begrüßte mich und weil die Ba-Twa gute Sänger und Tänzer sind, wurde daraufhin eine ganze Weile getanzt und gesungen. Anschließend führte man mich noch etwas weiter herum und erläuterte, weshalb der Gemüseanbau oft schief ging. Als Jäger und Sammler haben die Pygmäen nur wenig Erfahrung und der Leiter des Hilfsprojektes, das sich um ihre Belange kümmert, beklagte wie mühsam es sei, wenigstens einige von ihnen dazu zu bewegen, die Felder zu bestellen.

Die Schlafstätte der Kinder in einer Batwa-Hütte
Die Schlafstätte der Kinder in einer Batwa-Hütte

Die Hütten der Menschen waren von innen schlimm anzusehen, denn dort wurde meist auf nicht mehr als einer schmutzigen Grasmatte und wenigen Schaumstoffbrocken geschlafen, die übel rochen. Das Haus des Häuptlings und seiner Frau war zwar größer, aber nicht wohnlicher.

Durch seine Lage am unbewaldeten Berghang blickt das Dorf weit über die Ebene hinweg auf die anderen Berge. Allein schon dieses Panorama war die rumpelige Anfahrt wert. Die Begegnung mit einem Volk, das bis vor wenigen Jahrzehnten weitgehend so lebt, wie unsere Ahnen vor zehntausenden Jahren und nun für mich sang, bewegte mich sehr, so dass mir glücklicherweise von der Sonnenbrille verborgen für einen Moment die Tränen in die Augen stiegen.

Blick vom Pygmäen-Dorf ins Tal
Blick vom Pygmäen-Dorf ins Tal

Auf der Rückfahrt blieb ich von den kindlichen Wegelagerern unentdeckt und bergab war das Geröll wesentlich einfacher als Beifahrerin zu ertragen. Zurück in Kisoro suchte ich mir ein Restaurant in der vergeblichen Hoffnung auf eine funktionierende Internet-Verbindung, wurde ein weiteres Mal enttäuscht, bekam ersatzweise einen ausgezeichneten Cheeseburger und Besuch von Jonathan und seinem Sohn Steven, die den Tag bei den Gorillas verbracht hatten. Wir tauschten unsere Erlebnisse aus, zeigten uns die Fotos und Videos auf unseren Smartphones und spazierten zurück zu unserer Unterkunft. Dort wurde schon ins Horn gestoßen und zur baldigen Abfahrt gedrängt, denn es galt noch heute den Bunyonyi-See weiter im Westen zu erreichen. Doch solange mir vom Balkongeländer des ersten Obergeschosses noch die zum Trocknen aufgehängten Kleidungsstücke meiner Mitreisenden entgegenwehten, bestand für mich kein Grund zu Eile. Ich reiste nur mit einer Packrolle und einem Tagesrucksack und entsprechend wenig Gepäck, dass schnell eingesackt und fahrfertig verschnürt war.

Als wir schließlich gemeinsam aufbrachen, führte uns die asphaltierte Straße an den Höhenrändern entlang und offenbarte herrliche Blicke auf die unter uns in der Ebene liegenden Seen. Schon nach 40 Kilometern gebot das Navi, die Hauptstraße zu verlassen und auf einen schmalen Pfad einzubiegen, der scharf an der steil abfallenden Kante zum nordwestlichen Seeufer des Bunyonyi entlanglief. Sträucher hingen in den Weg, der Weg bot Schotter, Sand, Matsch, Schlamm- und Wasserlöcher auf, um uns mehrmals das Adrenalin in die Adern zu treiben. Bis eben war ich auf der asphaltierten Straße mit meiner schweren R 1150 und dem kräftigen Motor noch ausgezeichnet unterwegs gewesen. Jetzt musste ich öfter auf die Masse meines Zweirades vertrauen, um mich durch schwierige Passagen zu schieben. Vor mir her fuhr der sehr offroad-erfahrene Dan aus Arizona auf einer leichten und geländetauglicheren F 800 GS, wie ich sie zu Hause stehen habe und ich hätte gerne auf sie umgesattelt. In einer großen Matschpfütze rutsche mir meine Maschine dann erwartungsgemäß hinten weg, so dass ich sie so sanft wie möglich ablegte und selbst ebenso elegant wie noch machbar abstieg.

Eine kostenlose Fangopackung für Carl
Eine kostenlose Fangopackung für Carl

Mit Dan war mein Motorrad schnell wieder aufgerichtet. Ich hatte mir nichts getan und an der 1150er war nur ein LED-Zusatzscheinwerfer abgebrochen, der außen auf den Schutzbügeln der Zylinder angeschraubt war. Carl fuhr direkt hinter mir und ihm gelang beides nicht so gut. Er kam der Länge nach im Schlammwasser zu liegen, dass Motorrad auf ihm. Unser Angebot, ihm aufzuhelfen, nahm er erst an, als seine missliche Situation ausreichend fotografiert worden war. Schlammgetränkt wie er war, sah er nun abenteuerlich aus. An seinem Motorrad war der Schalthebel verbogen, ließ sich aber wieder richten. Ohnehin tauchte nun unser Subaru-Allrad-Fahrzeug hinter uns auf und der Fahrer Ali erklärte uns, dass dieser Pfad zwar einmal zu unserer Unterkunft geführt habe, nun aber versperrt sei. Ohnehin sei die Strecke lediglich zum Training mit leichteren Enduros vorgesehen und nicht um sie (wie Monica und Alejandro zu zweit auf der R1150) mit unseren Schwergewichten zu befahren. Wir wendeten also und kämpften uns um wertvolle Offroad-Erfahrungen reicher den gleichen Weg zurück.

In einem großen Bogen entfernten wir uns jetzt auf asphaltierter Straße vom See und unserer vermeintlichen Abkürzung an seinem Ufer entlang. Auf einem letzten Stück wurden dann nochmal unsere heute bereits ausreichend strapazierte Offroad-Ausdauer in Anspruch genommen. Eine Schotterpiste mit einigen hinterhältigen Erosionsrinnen trug uns recht steil durch einen Bergwald, bis mein Motorrad plötzlich einfach ausging. Nur wenige Minuten später stieg unser großer, schweigsamer Mechaniker von seiner Maschine und gebot mir mit einer Handbewegung, meine wenig hilfreichen Mutmaßungen und Beschreibungen zu beenden und abzusteigen. Wenn es länger als zwei Minuten dauerte, dann höchstens drei. Dann waren einige Sicherungen unter meiner Sitzbank durchgetauscht, die schadhafte, die meinen Motor hatte ersterben lassen, war an andere weniger wichtiger Stelle eingesetzt, die beiden Zylinder erwachten zum Leben und ich legte den Rest der Strecke zum „Bunyonyi Overland Resort“ zurück.

Dort brauchte es nur wenige Momente, um zu verstehen, warum Ali uns heute so gedrängt noch hierher zu fahren. Es sei eine der schönsten Unterkünfte der ganzen Reise, die wir mit einer weiteren Nacht in Kisoro verpasst hätten. Die Anlage ist auf mindestens drei Terrassen aufgeteilt, die durch ein Gewirr aus Treppen miteinander verbunden sind. In einem schönen offenen Restaurant saßen wir gemeinsam noch bis in die Dunkelheit zusammen. Denn früher war wieder einmal kein Abendessen zu bekommen. Der abendliche See, seine Umgebung und die Geräusche erzeugten in mir den starken Eindruck, an einem Ort zu sein, der sich vom Paradies nur noch unwesentlich unterschied.